Cannes Film Festival 2024: Die Bilder vom roten Teppich
Angestoßen vor allem durch die Schauspielerin und Regisseurin Judith Godrèche, die Anklage gegen zwei bekannte Regisseure wegen Missbrauchs erhoben hatte, erlebt die französische Filmwelt gerade ihren späten #MeToo-Moment. Das örtliche Filmfestival, die Filmfestspiele von Cannes, haben sich in der Vergangenheit nicht immer leicht damit getan, dieser Bewegung gebührende Aufmerksamkeit zu schenken; im vergangenen Jahr wurde etwa mit dem Film “Jeanny du Barry” eröffnet, dessen Star Johnny Depp wegen Missbrauchs von seiner Exfrau Amber Heard angeklagt war. Depp bestreitet die Vorwürfe und gewann einen Verleumdungsprozess gegen Heard, aber seine prominente Platzierung bei den Filmfestspielen sorgte für Kritik.
Frankreich erlebt eine neue #MeToo-Welle, die Filmfestspiele von Cannes feiern eine Eröffnung der Frauen
In diesem Jahr hingegen setzte das Festival zurecht auf eine Eröffnung der Frauen – und zeigte am ersten offiziellen Festivaltag (Mittwoch, 15. Mai) Godrèches Kurzfilm “Moi Aussi”, für den sie tausende Missbrauchsopfer einlud, eine Pariser Allee zu besetzen. Am Dienstagabend (14. Mai) wurden feierlich die 77. Filmfestspiele von Cannes eröffnet, smart und mit vielen bissigen Anspielungen moderiert von der französischen Schauspielerin Camille Cottin. Nach ihren Einführungsworten im Palais des Festivals begrüßte sie die diesjährige Jury (bestehend aus Omar Sy, Lily Gladstone, Eva Green, Hirokazu Kore-eda, Pierfrancesco Favino, Nadine Labaki und Juan Antonio Bayona) und endete bei Jurypräsidentin Greta Gerwig mit den Worten: “Greta, du bist ein Geschenk für uns und deshalb machen wir dir ein Geschenk”. Daraufhin startete eine Live-Performance der französischen Sängerin Zaho de Sagazan, die ihre ganz eigene Interpretation von David Bowies “Modern Love” lieferte – dem Song, der in Gerwigs Durchbruchsfilm “Frances Ha” von 2012 eine tragende Rolle spielt. Doch nicht nur beim Rückblick auf Gerwigs bisherige Karriere wurde es sentimental, besonders die anschließende Übergabe der Goldenen Ehrenpalme an Kinoikone Meryl Streep durch Kollegin Juliette Binoche, die bei ihrer Ansprache durchaus ein paar echte Tränen verdrückte, war emotional. Binoche würdigte, wie Streep in ihrer fast fünf Dekaden umspannenden Karriere verändert habe, wie wir auf Frauen in Hollywood blicken. Streep selbst, sichtlich gerührt, erzählte davon, wie sie das letzte Mal bei den Filmfestspielen in Cannes anwesend war: Vor ganzen 35 Jahren, als sie hier für „Ein Schrei in der Dunkelheit“ als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, habe sie geglaubt, dass ihre Karriere jetzt vorbei sein. Doch dank ihres langjährigen Agenten (der eine eigene Würdigung bekam) und Regisseur:innen wie der Juryvorsitzenden Greta Gerwig, die Streep 2029 in “Little Women” besetzte, habe sie damit offenbar falschgelegen.