Luxusgut Honig: Was das Naturprodukt so wertvoll macht und warum vor allem Mānuka Honig gerade so gehypt wird.
Wir nutzen Honig als Brotaufstrich, zum Süßen im Tee oder pur, zum Beispiel bei Halsschmerzen. Im Schnitt konsumieren Deutsche etwas mehr als ein Kilo Honig pro Kopf, also zwei große Gläser jährlich, so die Statistik. Ein Bedarf, den die heimischen Bienen nicht decken können. Durch monokulturelle Landwirtschaft und dicht bebaute Städte mit wenigen Grünflächen wird die Nahrungsauswahl für sie immer knapper. Gleichzeitig sorgen Pestizide dafür, dass nicht nur vermeintliches Ungeziefer, sondern auch Bienen verenden. Das ist nicht nur für die Honigproduktion ein Problem, denn Bienen sind entscheidend für ein intaktes Ökosystem und hierzulande das drittwichtigste Nutztier. Während die Bienen Nektar naschen, bleiben an den Beinen Pollen hängen, die sie dann zur nächsten Pflanze tragen, um sie zu befruchten. Der Honig entsteht übrigens im Magen der Biene. Dort mischen die Insekten der Zuckermasse Enzyme bei, die sie später so gesund machen.
Warum ist Honig so gesund?
Einer, der über den Gesundheitsfaktor von Honig sehr viel weiß, ist Lebensmittelchemiker Professor Dr. Thomas Henle von der Technischen Universität Dresden. Mit einem Team aus Wissenschaftler:innen untersucht er seit über fünfzehn Jahren, warum Honig potenziell gesundheitsfördernde Wirkungen haben kann. Er sagt: „Tatsächlich besteht Honig hauptsächlich aus Zucker. Um genau zu sein, zu drei Vierteln aus Fruchtzucker und Traubenzucker. Das Verhältnis unterscheidet sich je nach Sorte. Dazu kommen rund 20 Prozent Wasser und etwa drei Prozent anderer Verbindungen, darunter zum Beispiel Aminosäuren, Eiweiße, Enzyme, Farbstoffe, Vitamine, Mineralstoffe“, so der Experte. Und genau diese drei Prozent sind es, die Honig so interessant für Wissenschaffende wie ihn machen: „In ihnen stecken Hunderte Bestandteile, die noch nicht oder noch nicht ausreichend erforscht sind.“ Diese drei Prozent unterscheiden Honig von einer synthetisch angerührten Zuckermasse, auf sie geht auch die antibakterielle Wirkung der meisten Honige zurück. „Fast alle Honige enthalten mehr oder weniger eines bestimmten Enzyms namens Glukoseoxidase. Es kommt aus dem Speichel der Biene. Und sobald man den Honig mit Wasser verdünnt – zum Beispiel im Tee –, entsteht daraus Wasserstoffperoxid.“ Den Stoff kennen Sie vielleicht vom Haarebleichen. Er wirkt aber auch desinfizierend. Der antibakterielle Effekt ist zwar in vielen Honigen nachgewiesen, doch oft nur in sehr geringem Ausmaß. Wunder sollte man also nicht erwarten.
Das macht Mānuka Honig besonders wertvoll für die Gesundheit
Einzig beim neuseeländischen Mānuka-Honig gelang es dem Dresdner Forschungsteam, einen Inhaltsstoff mit hoher antibakterieller Wirkung zu isolieren: das Methylglyoxal, kurz MGO. Professor Dr. Henle fasst zusammen: „Alle Honige haben eine antibakterielle
Wirkung – sie ist beim Mānuka-Honig allerdings um Größenordnungen stärker als in anderen Honigsorten.“ Bemerkenswert sei beim Mānuka-Honig auch eine potenzielle Wirkung im Magen. Zum Beispiel gegen den Keim Helicobacter pylori. Das Bakterium wird verantwortlich gemacht für Magenentzündungen bis hin zu Magenkrebs. „Mehrere wissenschaftliche Berichte deuten darauf hin, dass Methylglyoxal – vielleicht im Zusammespiel mit noch anderen bislang unerforschten Komponenten – den Magenkeim selektiv hemmen kann“, sagt Henle und fügt hinzu: „Mānuka-Honig kann damit unter Umständen eine prophylaktische oder eine unterstützende Wirkung bei entsprechenden Magenerkrankungen haben.“ Der Experte warnt aber ausdrücklich, dass Honig, egal welche Variante, keine Antiobiotikatherapie ersetzt: „Er kann unterstützend eingesetzt werden.“ In der Schulmedizin wird er das bereits. Zum Beispiel zur Behandlung von Wunden. Trotzdem sollten Sie keinen Mānuka-Honig aus der Küche auf eine Schürf- oder Schnittwunde schmieren. „Was Sie als Lebensmittel kaufen, ist als Lebensmittel gedacht. In der Apotheke gibt es nicht ohne Grund medizinische Honige. Sie sind durch ein spezielles Verfahren keimfrei gemacht, um Infektionsrisiken auszuschließen.“
In Reformhäusern und im selektiven Kosmetikhandel können Sie mittlerweile auch Nahrungsergänzungsmittel und luxuriöse Hautpflege auf Basis von Mānuka-Honig beziehen, zum Beispiel bei den Produkten von der Marke Mānuka Health. Diese enthalten meist noch andere Bienenprodukte wie Propolis und Gelée royale – auch als Bienenharz und Bienenköniginnenfuttersaft bezeichnet. Ersteres dient dazu, den Bienenstock vor schädlichen Eindringlingen zu bewahren. Zweiteres ist der Grund dafür, dass
die Bienenkönigin größer wird und 40-mal länger lebt als eine Arbeiterbiene, die nur eine überschaubare Lebenserwartung von 40 Tagen hat. Es gibt tatsächlich
Indizien, dass insbesondere Propolis Bestandteile enthält, die in der Krebsforschung zur Medikamentenentwicklung von Interesse sein könnten.
Warum ist Mānuka Honig so teuer?
Zurück zum Mānuka-Honig, der für den Verzehr gedacht ist. Auf fast jedem Tiegel finden Sie Angaben wie MGO 400+. Das bedeutet: „Ein Mānuka-Honig MGO 400+ enthält zum Beispiel mindestens 400 Milligramm Methylglyoxal pro Kilogramm Honig“, erklärt Alice Biggs, Imkerin bei Mānuka Health, einem der größten Anbieter des Luxushonigs weltweit. Ein höherer MGO-Gehalt wird oft mit potenziell stärkeren antibakteriellen Eigenschaften in Verbindung gebracht. Daher kann es sinnvoll sein, einen Mānuka-Honig mit einem höheren MGO-Gehalt zu wählen, wenn diese Eigenschaften gezielt genutzt werden sollen. Das kostet natürlich. Wie hoch der MGO-Wert tatsächlich ist, hängt unter anderem davon ab, wo genau der Honig geerntet wird. „Die Qualität ist am höchsten, je unberührter die Natur ist – und wenn der Honig von nur einem einzelnen Ort stammt, also ,Single Origin‘ ist und nicht aus mehreren Anbauregionen gemixt wird“, so Alice Biggs. Warum genau das so ist, kann die Imkerin und auch die Wissenschaft bislang nicht erklären. Wohl aber, dass sich der Mānuka-Honig tatsächlich nur in Neuseeland ernten lässt. Denn nur hier ist die Südseemyrte, eine Verwandte des australischen Teebaums, auch Mānuka-Pflanze genannt, heimisch. Und exakt ihre Blüten brauchen die Bienen, um den Nektar für den besonderen Edelhonig zu ernten. „Es ist wie bei gutem Wein. Die Anbauregion ist entscheidend für die Qualität“, so Alice Biggs. Die Bezeichnung Mānuka ist also ähnlich wie bei Champagner und bezeichnet damit die Sorte und nicht eine bestimmte Firma, wie fälschlicherweise oft angenommen wird.