Chefköchin Dalad Kambhu im VOGUE-Interview.
Den einen Aha-Moment habe es bei ihr nie gegeben. Köchin zu werden habe sich vielmehr allmählich so ergeben, erzählt uns Dalad Kambhu an einem kalten Wintertag via Zoom. Die gebürtige Texanerin, die in Bangkok aufwuchs und später in New York unter anderem Marketing und Mode studierte, sitzt da gerade auf Mallorca. Wenige Monate nach unserem Gespräch wird Dalad Kambhu die Schließung ihres Restaurants „Kin Dee“ in Berlin-Tiergarten bekannt geben. „Die Idee, Köchin zu sein, war mir schlicht zu weit hergeholt“, sagt sie. Ihr damaliger Gedanke: „Chefs sind ja eh alles Männer.“ Erst der Anstoß ihres Mentors habe ihr schließlich das Selbstvertrauen gegeben, an ihre Fähigkeiten zu glauben. Etwas, das sie bis heute in der männerdominierten Branche braucht.
Chefköchin Dalad Kambhu im VOGUE-Interview
VOGUE: Erinnern Sie sich an das erste Gericht, das Sie gekocht haben?
Dalad Kambhu: Tomatensalat. (lacht) Meine Mutter hatte damals eine Menge Dekozeitschriften zu Hause. In einer davon war dieses Rezept für Tomatensalat. Ich war noch ein Kind und wollte einfach Englisch üben. Also habe ich mich an dem Rezept versucht. Es war ganz simpel – mit Tomaten, Olivenöl, Essig, weißen Zwiebeln und etwas Salz –, aber sehr lecker.
2017 haben Sie dann in Berlin das „Kin Dee“ eröffnet. Was war rückblickend damals die größte Herausforderung für Sie?
Zu erkennen, dass ich alleine die Macht habe, das zu tun, was ich tun will. Als Frauen wachsen wir in einer Gesellschaft auf, in der es verschiedene Erwartungen an die Geschlechter gibt. Wenn eine Frau tough und entschlossen ist, wird sie als schwierig, kompliziert oder bösartig bezeichnet. Wir werden mit so vielen unrealistischen und unfairen Normen gemessen! Noch dazu zog ich damals nach Berlin, in ein Land, dessen Sprache ich nicht sprach. Und dann dort von Menschen darüber belehrt zu werden, wie ich thailändisches Essen zu kochen habe, war eine schreckliche Erfahrung.
Gemäß Geschlechterklischees ist Kochen Frauensache – die meisten Chefköche sind jedoch Männer. Woran liegt das?
Frauen mögen zwar in der Geschichte immer gekocht haben, Männer waren aber die ersten, die daraus eine Karriere und eigene Branche gemacht haben. Sie waren es, die die Regeln festgelegt haben – und damit eine Kultur, die Geschlechterparität untergräbt. Die Barrieren für uns Frauen sind größer und die Standards, mit denen wir gemessen werden, höher. Nur ein Beispiel: In den vergangenen Jahren war ich sehr krank, weil ich zu viel gearbeitet habe. Ich war völlig ausgebrannt. Also habe ich weniger gearbeitet, war zwei Tage die Woche in der Küche. Ich kenne viele männliche Chefköche, die unter normalen Umständen nicht öfter da sind – aber nur bei mir hat man diese Entscheidung infrage gestellt. Wir leben in einer Welt, die sexistisch und rassistisch ist – und solange wir nicht aktiv versuchen, das zu ändern, machen wir uns in gewisser Weise mitschuldig.