Strickmode hat in Österreich eine lange Tradition. Wie vielseitig interpretierbar das Handwerk sein kann, beweisen diese drei Labels

Viele Menschen zücken als Hobby gern die Stricknadeln. Heraus kommen meist schiefe Schals, zu große Socken oder zu eng geratene Balaklavas. Das zeigt: Für ästhetische Strickkunst, die auch noch einen perfekten Sitz hat, muss man schon Profi sein. Diese drei österreichischen Labels machen vor, wie vielfältig und innovativ Wolle auf höchstem Fashion-Niveau eingesetzt werden kann. Das Strickland Österreich hat kreative Köpfe gefunden, welche in bewährter Handarbeit die lange Tradition des Handwerks gemäß des Zeitgeists interpretieren. Dabei entstehen Pieces, die genauso gut zu einem Wochenende auf einem Landgut in Bad Ischl passen wie zu einem Besuch in einem Wiener Club.

Die neue Strickmode: Drei österreichische Labels, die uns jetzt begeistern

#1 Christina Seewald

Die flauschige Strickhaube für Frühjahr/Sommer 2024 von Christina Seewald und Tamina Katz erinnert an einen aufgeregten Fischschwarm.

Schlaufen, meist gefärbt in Schwarz oder einer pastelligen Palette rund um Naturweiß, umgarnen den Körper. Der feministische „female Gaze“ ist in den scheinbar schwerelosen Maschen des Wiener Labels Christina Seewald fest verwoben und zieht sich in den halbjährlichen Kollektionen und Basics des Labels durch. 2019 wurde es von Central-Saint-Martins-Alumna Christina Seewald gegründet, später stieß Modedesignerin Tamina Katz dazu. Gemeinsam stellen sie filigrane Unisex-Pieces her, die in Wien, in Italien, den Niederlanden oder Portugal gefertigt werden. Ihre Träger:innen gehören zur Crème de la Crème einer Gen-Z-Fantasie (Peggy Gou, Shygirl, Arca1000000) und schätzen die Einstellung des Labels, dass „Strick und Körperlichkeit Hand in Hand“ gehen. Christina Seewald entfernt sich mit ihrer Arbeit scheinbar so weit vom traditionellen Ursprung des Strickmaterials, dass man denken könnte, es ginge ihr rein um dessen völlige Emanzipation. Doch vielmehr möchte Seewald „diese konservativen Elemente aufgreifen, dem Zeitgeist entsprechend umwandeln und neu interpretieren“, so die Designerin. „Speziell durch das Zusammenspiel aus Transparentem und Verdecktem möchte ich alte Muster aufbrechen. Mir ist es wichtig, Knitwear einen contemporary approach zu geben, aber gleichzeitig trotzdem die Arbeit, die dahintersteckt, mehr in den Vordergrund zu rücken. Hier geht es um Wertschätzung.“ Wie frei Designer:innen das Handwerk werden lässt, zeigt sich in der Frühjahr/Sommer-2024-Kollektion des Duos: Es geht um die vielfältigen Kreaturen des Ozeans sowie die Faszination für Geschlecht und Fortpflanzung im Tierreich. So werden an Pieces wie einer flauschigen Strickhaube oder einem blauen Bodysuit aus übergroßen Maschen die komplexen sozialen Strukturen des Tierreichs sichtbar. Die beiden Designerinnen finden, dass „einem beim Stricken eine schier unendliche Vielfalt an Möglichkeiten begegnet, (…) die es einem ermöglicht, eine noch persönlichere Bindung zu jedem Kleidungsstück herzustellen, als es die traditionelle Schneiderei und die Arbeit mit Stoffen je könnten.“

#2 Michaela Buerger

Was ist Mode und was ist Tracht? Buerger verbindet mit ihrem Label beides. Damit bewahrt sie den großen Schatz der alpinen Handstrickkunst.

Yannick Schuette; Styling: Simon Winkelmüller

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