„Ich habe meine Meinung zum Kinderbekommen geändert – was soll ich tun?“
Leser:innen-Frage: Ich bin in meinen Dreißigern und war mir immer sicher, dass ich keine Kinder will. Ich habe Freund:innen, die früh Kinder bekommen und dann gemerkt haben, wie sie ihre Karrieren einschränkten, ihre Beziehungen zerbrachen, oder die sich durch die Kindererziehung vollkommen ruiniert haben. Ich habe auch mitangesehen, wie deprimiert Mütter sein können. Außerdem hatte ich einfach nie dieses Gefühl, mich für den Rest meines Lebens um ein Kind kümmern zu wollen, von dem ich früher immer dachte, dass man es irgendwann bekommen würde. In meiner letzten Beziehung wurden wir oft gefragt, ob wir Kinder haben wollten, vor allem von meiner Tante und meiner Oma, und ich habe ihnen ganz klar gesagt, was ich davon hielt.
Doch vor einem Jahr lernte ich einen neuen Mann kennen, und meine Gefühle haben sich geändert; ich wusste, dass ich ein Baby mit ihm haben wollte, und jetzt bin ich fast im dritten Monat schwanger. Mein Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich mit meiner Familie über diese komplizierte Entscheidung sprechen soll, ohne dass sie Dinge wie „Ich hab’s dir ja gesagt“ sagen, vor allem, wenn ich schon selbst so viel Angst vor der Schwangerschaft habe.
Wie kann man der Familie erzählen, dass man Kinder bekommen will – ohne verurteilt zu werden?
Eva Wiseman: Es gibt wohl nichts Besseres, um andere Leute zu irritieren, als Kinder zu bekommen und Mutter zu werden (oder es nicht zu tun), oder? Und damit das klar ist: Das ist erst der Anfang. Die Menschen, die Sie lieben und sich um Sie sorgen, werden an diesem Punkt nicht aufhören. Sie werden immer ungefragt ihre Meinung zu Ihrer Schwangerschaft äußern: was Sie essen sollen, wie viel Yoga Sie machen dürfen, ob Sie morgens einen Kaffee trinken dürfen oder nicht. Man wird Ihnen die Meinung zur Geburt sagen, wie Sie das Baby tragen sollten, wie es schlafen und gefüttert werden sollte, egal ob Sie es wollen oder nicht. Aber Sie werden hoffentlich einen Weg finden, damit umzugehen, ohne jemandem mit einer Gabel in den Hals zu stechen.
Gehen wir mal davon aus, Sie hätten Ihre Meinung über irgendeine andere wichtige Lebensentscheidung geändert – z. B. teilen Sie Ihrer Familie mit, dass Sie nach Jahren als Gärtnerin eine Umschulung zur Krankenschwester machen wollen, dann würden sie Ihnen wahrscheinlich nicht die Hölle heiß machen. Aber wenn Sie ihnen sagen, dass Sie es sich beim Thema Kinderbekommen nun doch anders überlegt haben, dann werden neben echter Freude auch ganz viele „Ich hab’s euch ja gesagt“ auf Sie niederprasseln. Und ich verstehe, dass das nervt. Die Vorstellung, dass Ihre frühere Entscheidung und die Person, die Sie damals waren, herabgewürdigt wird, ist zutiefst verletzend. Beide Menschen – beide Entscheidungen – sind real und wertvoll, und nur weil Sie jetzt Ihre Meinung über Kinder geändert haben, bedeutet nicht, dass Ihre frühere Position nicht legitim war.
So können Sie Ihre Mitmenschen um Verständnis bitten
Es ist jedoch schwierig, sicherzustellen, dass andere Menschen das respektieren werden. Ich würde Ihnen also raten, vorsichtig vorzugehen und sorgfältig zu planen, was Sie sagen wollen. Wenn Sie das jetzt tun, kann es Ihnen sogar helfen, mit den unliebsamen Meinungen Ihrer Familie umzugehen. Wie wäre es, wenn Sie sich mit Ihrer Mutter zusammensetzen und etwas sagen wie: „Nachdem ich viel darüber nachgedacht habe, habe ich beschlossen, dass ich mit meinem Partner Kinder haben möchte – aber bevor du sagst: ‚Ich habe es dir ja gesagt‘, möchte ich, dass du verstehst, was sich für mich geändert hat.“
Sie können hier so ehrlich und aufrichtig sein, wie Sie wollen. Sie können ihr erzählen, was Sie mir erzählt haben, was Sie bei Freund:innen erlebt haben, als diese Kinder bekamen, und sogar, wie sich ihre Erfahrungen als Mutter auf Sie ausgewirkt haben. Sie können ihr erzählen, wie Ihr neuer Partner Ihnen geholfen hat, sich eine Zukunft mit Kindern vorzustellen, und dass Sie nervös sind, aber sich darauf freuen, mit ihm eine Familie zu gründen. Außerdem sollten Sie ihr sagen: „Ich mache mir Sorgen wegen der vielen Kommentare meiner Bekannten, also könntest du ihnen bitte behutsam erzählen, dass ich ein Baby bekommen will, und sie bitten, sich nicht über mich lustig zu machen?“ Bitten Sie sie, Ihnen zu helfen, bitten Sie sie um ein bisschen Verständnis. Sie können nicht verhindern, dass in Ihrer Familie hinter Ihrem Rücken geredet wird, aber Sie können hoffentlich verhindern, dass sie es Ihnen zu direkt sagen.
Wichtig ist: Es ist in Ordnung, seine Meinung zu ändern. Tatsächlich ist es gut. Oft ist es sogar großartig! Also viel Glück mit Ihrer Schwangerschaft, mit Ihrer Familie, mit Ihrer Entscheidung!
Dieser Artikel erschien zuerst auf Vogue.uk.
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