All eyes on him

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Oliver und die Cattons: Wessen Labyrinth ist das eigentlich?

Während Olivers Geburtstagsparty sucht Felix mit einem Mädchen nach einem ruhigen Ort, der sie ins Saltburn-Labyrinth führt. In diesem Moment scheint das Setting jedoch nicht den Adligen, sondern vielmehr Ollie verschrieben – denn dieser folgt den beiden und treibt Felix letztlich in die Enge, wie eine Spinne, die ihre Beute ins Zentrum lockt. Kaum zu übersehen, dass Ollies Party-Outfit in diesem Moment stark der Saltburn-Statue gleicht, die Felix und dem Mädchen von oben zusieht, während Oliver hinter ihnen steht und die Szene, für das Publikum merklich unangenehm, zu lang beobachtet. Mit Einbruch der Nacht bricht auch Oliver ein und stellt seinen Freund zur Rede – zum vorerst letzten Mal, denn am nächsten Morgen wird Felix tot aufgefunden und der nächste Plot-Twist wird eingeläutet.

SALTBURN, Barry Keoghan, 2023. © MGM / Courtesy Everett Collection©MGM/Courtesy Everett Collection

Das Blatt kann sich dann doch ganz schön schnell wenden, oder?

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Bye, Felix! Wen kostet es diesmal?

Mit Felix’ Tod hält Fennell nämlich schon die nächste ungewöhnliche und grenzgängerische Szene bereit. Um sich von Felix zu verabschieden, sucht Oliver nach der Zeremonie sein Grab auf und bricht weinend darüber zusammen. Doch der Vorhang fällt und seine vermeintliche Liebe schlägt in eine manische Besessenheit um, die Oli dazu verführt, Felix’ Grab zu penetrieren – während der Rest der Familie sittlich an der gedeckten Tafel speist und sich leicht tut, Ehre und Haltung zu bewahren. Komische Momente wie der, als der Butler Duncan (Paul Rhys) in den Salon kommt, um Sir James zu unterbreiten, dass die Polizist:innen Schwierigkeiten haben, den Leichnam im Labyrinth zu finden, erinnern Zuschauende, dass es neben dem Ernst und der Scham, die diese Momente hervorrufen, auch noch ein lockeres Dazwischen gibt. Alle kurz durchatmen, und weiter geht’s.

Venetia übergießt ihr Weinglas; eine Szene, die alles sagt und gleichzeitig nichts.

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Der Schmerz um Felix‘ Verlust ist eher von kurzer Dauer.

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Step by step nach oben

Ganz offensichtlich trauern alle irgendwie auf ihre Art um den verstorbenen Felix, außer Oliver. Während Venetia sichtlich neben sich steht und sinnbildlich, für ihre Tränen eine ganze Flasche Rotwein in ein Glas (über)gießt, fällt Farleigh aus seiner Rolle als elitärer Vorzeigeneffe und wird von Oliver des indirekten Mordes an Felix bezichtigt. Dadurch verliert er seinen Platz in Saltburn und somit auch seine Stellung – und Oliver schaufelt sich weiter den Weg zu seinem Ziel frei. Denn auf Felix Tod folgt direkt der nächste und schon bald wird Venetia, die Ollie zuvor eröffnete, ihn durchschaut zu haben, tot aufgefunden. Um in Würde zu trauern, schickt Sir James ihn fort und bietet ihm eine erhebliche Summe Geld an.

Oliver suhlt sich förmlich in seinem erschlichenen Leben und reagiert auf den Nachruf zu Sir James Freitod in der Zeitung mit Genugtuung. Bereit zu seinem nächsten Schachzug, Elspeth Catton. Allerspätestens zu diesem Zeitpunkt ahnen Zuschauende, dass Schlimmes droht. Denn Oliver und Elspeth treffen sich ganz zufällig in einem Café wieder, woraufhin sie ihn nach all der Zeit nach Saltburn einlädt.

Showdown – but make it sexy

Und mit der Einladung folgt auch direkt der nächste Plot-Twist, denn wer zu diesem Zeitpunkt dachte, dass die beiden sich nun ihrer nie ergründeten Liebe hingeben würden, liegt falsch. In „Saltburn“ ist jetzt kein Funke von „Coming of Age“, „Liebesfilm“ oder „Indie-Kino“ mehr übrig. Was waltet, ist oberflächlicher Thriller-Charakter, der letztlich in Elspeths Tod mündet und das Publikum mit verdutztem Zögern zurücklässt. Aber auch hier wird Oliver vielmehr als „heißer Mörder“ dargestellt, statt als kluger Kopf. Denn auch wenn der Showdown um Olivers tückisch ausgedachten Plan einen Aha-Moment hervorruft, sorgt er mindestens für genauso viele inhaltliche Fragen und Irritation beim Publikum. Die Morde wirken zu sehr konstruiert, zu einfach scheint es, dass Oliver Venetia Rasierklingen unterjubelt oder mit der sterbenskranken Elspeth ohne ärztliche Betreuung komplett allein gelassen wird. Tatsächlich scheint es einfach nicht vorrangig darum zu gehen, die Handlung schlüssig zu erklären, sondern vielmehr darum, die schöne Verpackung alldessen hervorzuheben. Sex sells.

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