Eines der wenigen Male, dass ein königliches Porträt als gefälscht angegriffen wurde, ist fast 500 Jahre her – während der Tudorzeit: „Das letzte Mal, dass so viel Aufsehen um das Porträt einer zukünftigen Königin von England gemacht wurde, war, als Hans Holbein in den 1530er-Jahren Anne von Kleve für Heinrich VIII. malte“, sagt Gristwood. „Heinrich verliebte sich in das Porträt, aber als er sie traf, stellte er fest, dass sie in Wirklichkeit überhaupt nicht dem Bild entsprach.“
Erst mit Königin Elisabeth II. wurde die Monarchie in Großbritannien nahbarer
Der Wunsch, die Royals als nahbar und menschlich zu verstehen, ist ein relativ modernes Konzept, das während der Regierungszeit von Königin Elisabeth II. populär wurde und mit der Verbreitung der Fotografie und dem Aufkommen des Fernsehens zusammenfällt. Die Wahrhaftigkeit von Fotos ist es, die sie bei der königlichen Familie so beliebt macht. Ganz im Sinne der Maxime der verstorbenen Königin, dass man sie „sehen muss, um ihr zu glauben“. Aus diesem Grund veröffentlichen sie häufig „Schnappschüsse“ zu verschiedenen Anlässen – von Geburtstagen bis Weihnachten. Dabei darf nicht vergessen werden, dass hinter diesen Bildern immer eine bestimmte Absicht steht, wie bei dem Schnappschuss zum Muttertag der von Wales‘. Dass dieses Bild in irgendeiner Weise bearbeitet wurde, ist, vor allem heutzutage, eigentlich allen klar. Zerknitterte Hemden, ein unpassendes Haar – man kennt es – da ist es nicht fair, das in dem Fall als „unehrlich“ oder „ungenau“ zu bezeichnen, wie es bei dem Muttertagsfoto jüngst getan wurde.
„Die Manipulation des fertigen Bildes, um ein harmonisches Ganzes zu schaffen, geht auf die Anfänge der Fotografie zurück“, erklärt Robin Muir, Contributor bei der britischen VOGUE. „Die Erfindung der Fotografie fiel fast genau mit der Thronbesteigung von Königin Victoria im Jahr 1837 zusammen. Ihr Ehemann Albert war sich ihrer Wirkung bewusst und wusste, dass sie ein wichtiges Propagandainstrument sein könnte. Als zum Beispiel eine Daguerreotypie [ein heute nicht mehr übliches fotografisches Verfahren, bei dem Metallplatten verwendet werden, Anm. d. Redaktion] von Victoria aufgenommen wurde und sie sich zufällig im falschen Moment bewegte, war sie darauf mit geschlossenen Augen zu sehen. Als sie sie sah, verunstaltete sie sie und verlangte eine neue – sie wollte auf keinen Fall zulassen, dass ein für sie als falsch empfundenes Bild in die Öffentlichkeit gelangt, ganz gleich, ob es ehrlich und echt war“, sagt Muir.
Die Anfänge royaler Fotografie sind von Bildbearbeitung geprägt
Auch Prinzessin Alexandra, die Diana ihrer Zeit, wurde auf den Krönungsaufnahmen von 1902 bearbeitet, wie der königliche Historiker Gareth Russell erklärt: „Sie war sehr schön, aber man beschloss, ihre Falten zu glätten. Auf den unberührten Negativen sah sie wie eine wirklich attraktive Frau in ihren 60ern aus, auf den retuschierten aber wie eine wirklich attraktive Frau in ihren 40ern.“