Und: Nach zehn Jahren kann eine Immobilie bei Kapitalanlage auch steuerfrei weiterverkauft werden – bei Selbstnutzung liegt diese Frist sogar bei lediglich zwei Jahren.

Aber um es jetzt auch mal kritisch zu betrachten: Ist es nicht diskussionswürdig, dass bei dem Wohnungsmangel in Deutschland Immobilien vorrangig als Kapitalanlage gelten, wobei es ja schon darum geht, mit den Mieteinnahmen die monatliche Rate zu tilgen?

Natürlich muss man bei jeder Immobilieninvestition durchrechnen, wie viel Eigenkapital hat man, wie teuer ist die Immobilie, die man sich damit leisten kann und will, und wie hoch die monatliche Rate, also Zins und Tilgung, ist. Da kommt der:die Finanzierungsberater:in am Ende auf Betrag XY, und der muss dann mit der Miete erwirtschaftet werden. Wir dürfen dabei nicht vergessen: Deutschland ist Mieter:innenland. In den anderen Ländern gibt es eine viel höhere Eigentumsquote. Deutschland zählt hier zu den Schlusslichtern. Man muss auch festhalten: Hier bei uns wird das Immobilien-Thema auch immer politisch instrumentalisiert, um damit bis zu einem gewissen Grad auch Wahlkampf zu betreiben.

In den Niederlanden wird es sogar gefördert, wenn man sich in jungem Alter Eigentum anschafft. Und klar gibt Besitz einem Sicherheit: Es kann einem niemanden die Wohnung kündigen und im Zweifel kann man die Immobilie verkaufen und sich die nächstgrößere leisten. Die Wertsteigerung ist aktuell zwar nicht mehr so extrem wie vor ein paar Jahren, aber dennoch gibt es sie.

Klar ist aber auch: In Immobilien zu investieren kostet nicht nur einfach sehr viel Geld – wahrscheinlich mehr als jedes Aktienportfolio, das man bis dato hatte –, sondern auch viel Zeit. Zwar ist mittlerweile das Wissen dazu via Social Media, Masterclasses oder Konferenzen leicht zugänglich, aber dennoch ist es ein Education-Thema, für das man sich dementsprechend Zeit nehmen muss.

Wenn Sie sagen, Deutschland sei „Mieter:innenland“: Was ist denn das zukunftsträchtigere Modell, mieten oder kaufen?

In drei Jahren werden uns in Deutschland schätzungsweise 830.000 Wohnungen fehlen. Das ist eine immense Zahl. Und nur mit Neubauten können wir diese Lücke füllen, denn wir haben gerade in den Großstädten so geringe Leerstandsquoten, wir haben Landflucht, Geflüchtete, die Menschen werden älter und die Zahl an Ein- bis Zwei-Personen-Haushalten steigt. Kurzum: Wir haben einen riesigen Wohnungsmangel. Gleichzeitig haben wir in Deutschland das Problem, dass es einfach zu viele Regularien gibt. Natürlich muss es Regeln für sicheren Hausbau geben, aber wir sind so überreguliert, dass die Politik durch Auflagen quasi Neubau verhindert – vor allem im sozialen Wohnungsbau, aber auch bei Standard- und Luxus-Projekten.

Das hat natürlich Auswirkungen auf den Mietmarkt, der dadurch angespannter wird. Nimmt das Angebot bei steigender Nachfrage nicht ebenfalls zu, gehen die Mieten in die Höhe. Das ist das große Dilemma, in dem wir uns befinden. Letztendlich muss jede:r selbst entscheiden, ob nun Miete oder Kauf die bessere Lösung ist. Das pauschal zu sagen, ist nicht möglich. Wenn ich jetzt hier in Berlin noch einen älteren Mietvertrag hätte und die Wohnung für meine Lebensverhältnisse noch passt, z.B. für einen schönen Altbau für 10 €/qm Kaltmiete, dann würde es auf jeden Fall mehr Sinn machen, weiterhin zu mieten und dann beispielsweise in eine Wohnung als Kapitalanlage zu investieren. Es geht ja nicht nur darum, eine Immobilie zu besitzen. Gerade wenn wir über Female Finance sprechen, geht es um Unabhängigkeit, und es geht vor allem um Altersvorsorge.

Weil Sie gerade Female Finance ansprechen: Die Zielgruppe bei „26 Homes“ ist ja primär weiblich – würden Sie sagen, dass sich auch zunehmend mehr Frauen für Immobilien-Investition interessieren?

Aus der Community heraus sehe ich das auf jeden Fall – und auch in meinem engeren privaten Umfeld. Ich kenne viele Freundinnen, die sind Start-up-Unternehmerinnen und hatten in der Vergangenheit bereits viel investiert – allerdings lange nur in Aktien oder in Crypto, aber noch nicht in Immobilien. Einfach, weil ihnen der Zugang gefehlt hat. Auch bei denen hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Das sind Frauen, die sich alleine und unabhängig von welcher Beziehung auch immer an dieses Thema herantrauen. Auch, weil wir alle darüber sprechen. Ich habe keine Hemmungen zu sagen, was meine Immobilien gekostet haben, was sie jetzt wert sind, was ich für einen Zinssatz hatte. Warum auch? Diesen offenen Austausch gab es vor zehn Jahren nicht. Da habe ich selbst mit meiner besten Freundin bei Coca Cola nicht darüber gesprochen, was wir verdient haben. Wir wussten es einfach nicht. Heute ist dieser Dialog viel offener. Wir können schließlich nur voneinander lernen.

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